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Erste Schritte

Jetzt sind wir gefühlt schon viele, viele Tage hier, dabei sind es erst 9. Ein Ereignis jagt das nächste, so viele neue Namen und Gesichter tauchen auf und für Langeweile ist absolut keine Zeit.

Als wir aus dem Flughafen kamen, schlug uns eine geballte Ladung feucht-warmer Tropenluft entgegen und ich fühlte mich zurückversetzt nach Ghana während der Regenzeit. Als würden wir gegen eine unsichtbare Wand rennen und dann in die neue Welt eintauchen.

Die ersten Tage waren wir viel daheim, erste kurze Ausfahrten mit dem Elektroroller zum Bäcker und dem kleinen Supermarkt um die Ecke. Dann kamen glücklicherweise auch schon die 13 Kisten mit unseren sieben Sachen an und so sieht es auch schon aus, als wären wir hier wirklich zu Hause. Der Sohnemann stürzte sich sogleich auf die Spielsachen und verschwand in seinem neuen Zimmer. Ein kleiner emotionaler Zusammenbruch folgte, da ja alles auseinander gebaut war und es sich ja gar nicht lohnen würde, das für die "kurze Zeit hier" wieder zusammen zu bauen,..... da ist dann endlich einmal der Damm gebrochen und Frust, Angst, Traurigkeit brachen sich ihren Weg. Zum Glück dauerte der Anfall nicht allzu lange, denn das Mutterherz kann das gar nicht gut ertragen, und schon sass er da und setzte seine kleine Legowelt wieder zusammen.

 

Ich bin froh, dass im Haus schon so viele Dinge vorhanden sind. Es fehlt wirklich an wenigen Dingen. Ein Besuch bei IKEA ließ sich jedoch nicht vermeiden und so zogen wir am Sonntag los. Ja, am Sonntag! Da ist Ikea nämlich besonders sehenswert, denn alle Chinesen haben frei und viele von ihnen nutzen den zum Teil einzigen freien Tag in der Woche zum Shoppen. Und sie kaufen bei Ikea nicht nur ein, nein, sie machen sich das Ikea-Motto "wohnst du noch oder lebst du schon?" zu eigen und lümmeln auf den Sofas, schlafen in den Betten, essen in den Wohnbeispiel-Küchen mitgebrachte Snacks, toben in den Kinderhochbetten und besetzen alle Tische in einem der größten Ikea-Restaurants weltweit um Köttböllar zu essen. Es ist wirklich sehenswert. Leider habe ich noch Hemmungen, das alles auch fotografisch festzuhalten und so gibt es nur wenige Bilder davon. Wir brauchten nun aber noch ein gemütliches Sofa und so mussten wir erst einmal die bereits festsitzenden Chinesen davon überzeugen, dass wir da jetzt auch probesitzen wollen. Hat aber funktioniert und schon 2 Tage später wurde das Sofa geliefert!

 

Das nächste Großereignis war der Tag der offenen Tür in der Deutschen Schule am Montag und die Einschulung am Mittwoch. Der kleine und der große Gatzinger waren ein wenig nervös im Vorfeld, aber es hat alles prima geklappt. Heute ist schon der dritte Schultag und der Blondschopf verlässt das Haus ebenso freudig wie er wiederkommt. Er scheint sich wohl zu fühlen in seiner neuen Schulwelt. Bisher bin ich noch mit dem Fahrrad hinter ihm her gefahren, aber heute Nachmittag will er das erste Mal alleine nach Hause radeln. Da bin ich echt froh, dass wir nur 2 km von der Schule entfernt wohnen und keine große Strasse überquert werden muss. Und dann ist wie zuvor am Freitag Mittag Pancake-Day und damit wird das Wochenende eingeläutet.

 

Gestern war ich dann das erste Mal alleine in der großen Stadt unterwegs. Ich musste zum Immigration Office! Mit der Metro fuhr ich hin, fand den restlichen Weg zu Fuss und stand vor einem riesigen Gebäude mit mehreren Eingängen. Hinein ging es durch eine Polizei-Sicherheitsschleuse. Dann rief ich eine Kontaktnummer an und wurde nach oben gebeten, wo ich dann nach kurzer Wartezeit 4 Zettel unterschreiben musste. Ich konnte natürlich nicht annähnernd erkennen, was dort geschrieben stand; vielleicht habe ich ja meine deutsche Staatsbürgerschaft gegen die chinesische getauscht oder noch drei weitere Kinder adoptiert? Ich weiß es nicht. Es lagen dort auf jeden Fall Berge von ausländischen Pässen und Papieren, unsere habe ich auch gesehen, aber die mussten noch weiter da bleiben. Ein komisches Gefühl dieses wichtige Dokument in dem Chaos zu wissen. Auf dem Heimweg habe ich noch einen Zwischenstopp am Bund gemacht und einen kurzen Blick auf die Shanghaier Skyline geworfen, was erneut wieder sehr beeindruckend für mich war! Auch den Weg nach Hause habe ich gefunden. In der Metro wurde ich die ganze Zeit von einem Jungen angestarrt, der neben mir saß und völlig fasziniert war von den ihm unbekannten Schriftzeichen, die ich in meine Handy tippte. An meiner Endstation wartete dann der Gatzinger mit dem Roller auf mich und wir brausten zusammen durch die warme Luft nach Hause.

Das fühlt sich bisher alles gut und spannend an und macht Spaß! Und das ist gut so!

 

Soweit der erste Eindruck!

Liebe Grüße von Ost nach West.

 

die Gatzingerin