Gestern war ich mit ein paar Kolleginnen (wir alle sind gerade von Beruf "Frau von....") aus unserem Compound in der Stadt unterwegs. Das Tolle ist, dass zwei der Damen Chinesinnen sind, die viele Jahre in Deutschland gelebt und gearbeitet haben und nun in ihrem Heimatland mit Expat-Status leben. So haben wir des öfteren jemanden an unserer Seite, der übersetzen und uns China verständlicher machen kann. Und das ist ein Luxus!
Unser Ziel war der Fabric Market am South Bund 南外滩轻纺面料市场 in der Nähe der Nanpu Brücke. Dabei handelt es sich um ein etwas schäbiges, mehrstöckiges Gebäude, vollgestopft mit kleinen Schneidereien, Knopfhändlern, Tuch- und Gürtel-Shops und außen herum haben sich verschiedenste Souvenir-Händler angesiedelt. Es gibt dort Schneider für jeden Style und jeden Typ, egal ob Mann, Frau oder Kind, aus Ost oder West in billig oder teuer. Die Herrenausstatter haben feine Anzüge, Businesshosen, Hemden und Westen im Angebot, Es gibt Mäntel, Sommerkleider, Hochzeitskleider, Prinzessinnenkleidchen, Lederjacken, Häßliches, Schönes, Kitschiges und Traditionelles. Der Mantel dort sei aus Wolle und Kaschmir. Der Schal hier aus reinstem Kaschmir. Das Kleid aus feinster Seide. Nun denn, ein Hauch von Zweifel lässt sich da nicht vermeiden. Manche Stoffe fühlen sich nach 100% Polyester an, andere wiederum ganz weich und fein. Teilweise sind Werbeschilder an den Läden angebracht, die sagen "Coco Chanel" oder der Verkäufer trägt ein Shirt mit einem übergroßen "Christian Dior - Paris" - Schriftzug auf dem Rücken. Das Copy - Paste der Modebranche.
Wenn ich mir etwas Nähen lassen möchte, schaue ich mich also in den kleinen Lädchen um und probieren Ausstellungsstücke an. Habe ich dann mein Lieblingsteil gefunden, werde ich in all meinen Ausmaßen erfasst und das neue Kleidungsstück wird extra für mich genäht. Ich kann aber auch einen anderen Stoff nehmen, kann die Knöpfe tauschen oder weg lassen, kann das Innenfutter aussuchen, die Länge variieren oder den Kragen verändern. Alles ist möglich. Bevor man allerdings irgendeinem Kauf zustimmt, sollte man versuchen möglichst unentschlossen und zweifelnd aus der Wäsche zu schauen, vielleicht einen interessierten Blick in Richtung der anderen Shops werfen und schon reduziert sich der Preis noch ein wenig. Ist man sich handelseinig geworden, wird die Hälfte des Kaufpreises angezahlt und in einigen Tagen oder einer Woche kommt man wieder zur Anprobe. Sollte beim ersten Mal alles stimmig sein und gut sitzen, kann man das neue Kleidungsstück gleich zahlen und mitnehmen. Ansonsten wird nachgearbeitet.
Selbst diejenigen, die eigentlich nichts kaufen wollen, werden dort ihren Spaß haben, denn allein das Schauen und Stöbern macht Spaß. Die Verkäuferinnen sind nicht aufdringlich und ein wenig Englisch wird außerdem auch hier und da gesprochen!
Mir haben gestern die traditionellen Qipaos am Besten gefallen. Klassische chinesische Kleider, die es von edel und chic bis hin zu alltagstauglich gibt. Die feinsten sind aus aufwändig bestickter Seide, lang- und eng geschnitten mit einem hohen Schlitz an der Seite. Sie glänzen edel und sehen einfach beeindruckend aus. Ich konnte mich gar nicht satt sehen! Eine der Chinesinnen, die mit von der Partie war, hat sich einen Qipao schneidern lassen, welcher nun zur Anprobe bereit war. Und das sah echt klasse aus. Bei ihr. Doch ich finde, das ist nur etwas für Chinesinnen. Zu uns Europäern passt das irgendwie nicht. Oder vielleicht würde ich mich einfach nur nicht trauen, so ein auffälliges Kleid zu welchem Anlass auch immer zu tragen.
Ein gelungener Tag mit netten Menschen, der mit dem Besuch eines chinesischen Restaurants endete. Die Speisekarte war ausschließlich auf chinesisch und diesmal leider unbebildert. Aber wir hatten ja unsere wunderbare Nachbarin als Joker dabei, die für uns alle verschiedenste Dinge bestellt hat, jede konnte alles probieren und es hat uns wirklich gut geschmeckt. Ok, ich habe beim Fleisch nicht mit gespielt, aber dafür waren die anderen bei den Chickenfeet doppelt mutig! Chapeau!
Es wünscht ein schönes Wochenende,
die Gatzingerin