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Auf der Mauer, auf der Lauer...

Was gehört noch zu einem Wochenende in Peking dazu? Eigentlich noch der Himmelstempel, der Lamatempel, der Sommerpalast, die Altstadt mit den Hutong-Gassen, der Kunstbezirk... Uns aber zog es hinaus in die Berge gen Norden, um einen klitzekleinen Teil der über 6000 km langen Chinesischen Mauer zu sehen und zu begehen. Nicht umsonst wird die Chinesische Mauer in China "lange Mauer", Chángchéng 长城 genannt. Der Rest muss warten auf eine weitere Gelegenheit.

 

Leider war der Junior am Morgen etwas schlapp und mit schniefender Nase und Halsschmerzen aufgewacht, aber zur Mauer wollte er trotzdem unbedingt. So machten wir uns nach dem Frühstück auf nach Mutianyu. Die knapp 70 km führten zuerst über die Autobahn durch wenig schöne Vororte von Peking. Später ging es weiter durch kleinere Orte, die Berge rückten näher und überall wurden Pfirsiche, Äpfel und Nüsse angebaut und am Straßenrand verkauft. Das Wetter und die Luft hätten besser nicht sein können: Mitte 20 Grad bei Luftwerten wie in den Alpen.

 

In Mutianyu angekommen erschlägt einen dann erst einmal das Besucherzentrum mit der üblichen Fress- und Souvenirmeile. Hat man dann aber seine Tickets, kann es bergauf gehen. Da wir einen angeschlagenen Passagier dabei hatten, entschieden wir uns mit dem Sessellift nach oben zu fahren statt wie geplant hoch zu laufen. Das bedeutete wiederum sich in die Schlange stellen und in Geduld üben. Ich teilte den Sessellift mit einer ängstlichen Chinesin, der das gewählte Transportmittel gar nicht geheuer schien. Sie wagte kaum sich zu bewegen und erwiderte meine aufmunternden Blicke nur schüchtern.

 

Nach dem Nadelöhr "Sessellift" verteilten sich die Menschen auf der Mauer erstaunlich gut und es fühlte sich nicht zu voll und eng an. Da soll es eine Sektion der Mauer geben, die von Peking besser mit ÖPNV zu erreichen ist, wo die Menschen dicht gedrängt über die Mauer tippeln und auf den Fotos ist von der Mauer selbst dann kaum was zu sehen. Es war schon ein besonderes Gefühl jetzt auf DER Mauer zu stehen, zu gehen. Die Berge rundherum machten eigentlich Lust auf eine richtige Wanderung. Ein laues Lüftchen wehte, die frische, kühle Luft fühlte sich toll an nach der Shanghaier Subtropen-Luft. Der von uns begangene Mauerabschnitt war gut restauriert, es waren aber auch komplett zugewachsene Teile und Türme sichtbar. Teilweise ging es sehr steil bergauf und bergab, teilweise waren die Stufen klitzeklein und kurz, dann wieder ewig hoch. Ich war erstaunt, dass fast alle Besucher passendes Schuhwerk trugen. Da begegnen einem in der Partnachklamm in Garmisch mehr Menschen in FlipFlops oder Schühchen als es hier der Fall war.

 

Irgendwann hatten wir das Gefühl genug gesehen, fotografiert und erlaufen zu haben und wollten wieder runter. Die Schlangen, die sich bereits vor der Seilbahn und der Sommerrodelbahn (Ja, wirklich: Sommerrodelbahn) gebildet hatten, schienen ewig lang zu sein. Wir entschieden uns daher spontan, die Talfahrt sausen zu lassen und zogen den Fussweg vor. Selbst der kränkelnde Junior wollte lieber den recht steilen Weg zurück laufen als sich in die Schlange der Wartenden einzureihen. Unten angekommen gab es noch regionale Pfirsiche und Nüsschen für die Gatzingerin und weniger regionales Fastfood für die Herren und so machten wir uns frisch gestärkt und zufrieden auf den Rückweg nach Peking.

 

Das Fazit zu Peking? Es hat uns gut gefallen, natürlich nicht überall, aber insgesamt. Wir haben im Grunde ja nicht mehr als einen ersten Eindruck bekommen. Das Wetter und die Luft waren spitzenmäßig und viel besser als vorhergesagt. Am Samstag wurde in der Stadt eine große MIlitärparade unter Ausschluss der Öffentlichkeit aufgezeichnet. Das wird dann am 1.Oktober zum 70. Jahrestag der Gründung der Republik "live" auf allen Sendern ausgestrahlt. Auf solchen Aufnahmen sollte die Luft gut sein, vielleicht sogar mit blauem Himmel?! Also schaltet man staatlich verordnet verschmutzende Industrieanlagen ab und schon läuft's von ganz alleine mit der Luft... Wir sagen jedenfalls DANKE - 谢谢 - xièxie.

 

Am Sonntag ging es dann nach einem ausgiebigen Frühstück und einem kleinen Rundgang im Chaoyang-Viertel in aller Ruhe per Schnellzug ....nein per Hochgeschwindigkeitszug zurück nach Shanghai. Die ca. 1300 km haben wir in nur 4,5 Stunden mit 3 Zwischenstops zurück gelegt. Der Wahnsinn!

 

Grüße aus China,

die Gatzingerin