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Heinzelmännchen & Feen

In Deutschland gibt es sie auch, die Heinzelmännchen und Feen. Aber da hat mein Leben ohne sie stattgefunden. Hier tauchen sie in meinem Leben2.0 ganz regelmäßig auf und erleichtern mir den Alltag. Die Rede ist von den vielen Menschen, die rund um mich herum für "Ordnung" sorgen; wenn es auch nicht immer meine Ordnung ist. Am Morgen in der Früh kann man beobachten, wie einerseits die Schulkinder und die arbeitenden Damen und Herren die Compounds verlassen und andererseits eine Schar von Heinzelmännchen auf ihren Rollern zur Arbeit anrückt.

 

Eine der wichtigsten wäre zuerst einmal die Ayi. Ayi bedeutet auf chinesisch Tante und ist hier eigentlich in jedem Haushalt zu finden.

Es gibt Familien, besonders die reichen chinesischen Familien, die haben eine Ayi für den Haushalt, eine zum Kochen und Einkaufen und eine als Nanny für die Kinder. Auch bei uns im Haus gibt es eine Ayi. Ihr Name ist Fang und sie kann sogar ein wenig Englisch, was die tägliche Verständigung ungemein erleichtert. Fang kümmert sich hauptsächlich um Haushalt und Wäsche, zaubert aber auch am Morgen einen Obstsalat auf den Tisch, wenn ich von meiner kleinen Radltour zur Schule zurück komme. Besonders hilfreich ist sie in den Momenten, wo ein chinesisch sprechender Mensch vor der Tür steht oder über die Telefonanlage des Compounds anruft und ich mal wieder nur Bahnhof verstehe. Dann glänzt Fang mit ihrer energischen Stimme, dass ich oft denke, jetzt ist sie aber unfreundlich (aber das klingt meist nur für meine westlichen Ohren so hart), und regelt was zu regeln ist. Sie bestellt die großen Wasserbehälter, bringt Sachen vom Markt mit oder hält auch mal einen Schwatz mit mir und erklärt mir dabei so manche Dinge, die sich mir nicht auf Anhieb selbst erklären. Bei mir Zuhause war es auf jeden Fall noch nie so ordentlich und sauber wie im Moment. Meine Espresso-Maschine beispielsweise liebt Fang, da sie von ihr besser behandelt wird als zuvor von mir und nun jeden Tag geleert und gereinigt wird. Ich genieße diesen Luxus, nicht selbst für Sauberkeit sorgen zu müssen und ganz ehrlich möchte ich ein so großes Haus auch nicht alleine in Schuss halten müssen. Durch die oft schlechte Luft mit hohen Feinstaubwerten und den großen Hund muss täglich feucht gewischt werden, damit die Luftwerte im Haus niedrig bleiben und unsere Füße nicht einen Berg Hundehaare vor sich herschieben. Da freue ich mich von Herzen, wenn ich das nur am Wochenende machen muss. Natürlich erledigt unsere Fee viele Dinge anders als ich es tun würde. Aber damit kann ich hier erstaunlich gut leben. Vielleicht weil hier eh so vieles anders ist als dahoam.

 

Dann gibt es noch die Fahrer. Wir haben keinen, aber viele Familien hier haben einen Fahrer. Bei einigen Firmen dürfen die Expats aus Versicherungsgründen noch nicht einmal selber fahren. Wenn ich mit dem Junior morgens Richtung Schule radel, stehen die Autos und Fahrer meist schon mit geöffneten Türen bereit, die Kinder in die verschiedenen Schulen oder die Männer und Frauen durch den chaotischen, teils recht unberechenbaren Shanghaier Verkehr zur Arbeit zu fahren. Der Gatzinger wird auch zur Arbeit gefahren, da er mit zwei Kollegen eine Fahrgemeinschaft hat und so in den Genuss des Chauffeurs eines Kollegen kommt. Wenn ich mal mit der einen oder anderen Frau Nachbarin unterwegs bin, dann sind wir auch teilweise mit Auto und Fahrer unterwegs. Das ist dann Luxus für mich. Aber auch mit DiDi (Taxi) und/oder Metro lassen sich die meisten Orte problemlos erreichen und ich finde immer, dass ich mehr im "normalen" Shanghai drin stecke, wenn ich die Welt des eigenen Autos verlasse und mich öffentlich durchschlagen muss.

 

Es gibt dann noch ein ganzes Heer von Gärtnern und Gärtner-ähnlichen, die auf den Strassen und Wegen in den Compounds das Laub weg machen, die Bäume, Sträucher und Blumen wässern, pflanzen, schneiden und pflegen. Jeden einzelnen Tag in der Woche sind sie unterwegs und haben fast immer ein freundliches Lächeln für mich parat, wenn ich grüße. Die Besen werden meist langsam und gemächlich, aber unermüdlich geschwungen, was mich oft an den Straßenkehrer Beppo in dem Buch Momo erinnert. Zum MIetvertrag für unser Haus gehört auch ein Gartenservice, so dass mehrmals die Woche ein alter Herr kommt und den Rasen mäht, wässert, Laub und Gartenabfälle entsorgt. Zuerst kam mir das seltsam vor, da ich diese Dinge doch im Prinzip gerne selbst erledige, aber mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt. Wir haben auch gar keinen Rasenmäher hier. Und wohin überhaupt mit den Gartenabfällen? Keine Ahnung. Und wie sollte ich das abtransportieren? Schubkarre? Habe ich hier auch noch nicht gesehen. So nehme ich den Service gerne an, beschränke mich auf einen kleinen Teil der Gartenarbeit und nehme mich zurück. Wer mich kennt, weiß dass mir das nicht immer leicht fällt...

 

Zu den ersten drei Berufsgruppen gesellen sich dann noch die zahllosen Rollerfahrer der Lieferservices, die den ganzen Tag über Dinge oder Essen ausfahren, was im Internet oder per WeChat bestellt wurde. Und das ist viel. Jeden Tag von Montag bis Sonntag! Oft sieht man sie am Straßenand stehen und auf dem Fussweg Pakete sortieren und auf ihren Roller auftürmen. Ich wundere mich manchmal, dass die meisten Päckchen tatsächlich unversehrt ihr Ziel erreichen. Auch bei uns kommt in unregelmäßigen Abständen die ein oder andere Lieferung auf diese Weise an. Mal bestellt der Gatzinger etwas, um seinen Roller noch einzigartiger zu machen, mal kommt eine Lieferung vom Online-Supermarkt, wo es Junior's jungen Ziegengouda zu bestellen gibt und montags wird immer meine Gemüse-Abokiste gebracht.

 

Ich danke all den fleißigen Menschen, dass es sie gibt und dass sie für uns da sind.

 

Zàijiàn - 再见 - Auf Wiedersehen!

die Gatzingerin