Diese Woche ist die Luft draußen einfach nicht gut. Da gibt es nichts schön zu reden. Das einzig Positive, was ich sagen kann, ist, dass die Luftwerte immerhin niedriger sind als die Vorhersage uns prophezeit hat. Aber das macht es auch nicht wirklich besser. Der Herbst ist nun auch bei uns angekommen. Morgens ist es kühl - 15 Grad- und tagsüber wird die 20 Grad-Marke kaum überschritten. Die Shanghainesen frieren jetzt schon und sitzen mit warmen Jacken auf ihren Rollern, die Hände in Handschuhen versteckt. Wobei diese Handschuhe eher wie Topflappen zum reinschlüpfen aussehen, die irgendwer am Lenker befestigt hat. Mir ist noch nicht kalt. Junior läuft noch in kurzen Hosen rum, aber abends auf dem Sofa greife ich gerne schon zur Wolldecke. Also, es wird Herbst und dann wohl auch bald Winter. Sagt zumindest unsere Ayi. Die friert jetzt auch schon. Winter bedeutet Heizsaison und Winter bedeutet für Shanghai oft auch schlechtere Luft, was teilweise der geänderten Windrichtung geschuldet ist.
Und was macht das mit unserem Alltag?
Da es unser erster Winter in Shanghai ist, frage ich mich, wie schlecht die Luftwerte wirklich sein werden und wie viele Tage das betrifft. Sind es einzelne Tage oder eher Perioden von einer Woche? Einerseits will ich mich damit gar nicht zu sehr beschäftigen, mich nicht einschränken lassen. Andererseits schaue ich immer wieder auf die Vorhersage (die doch recht unzuverlässig ist), auf unsere Messgeräte im Haus und draußen (die zuverlässig sind). Gestern war es soweit und habe ich uns bunte Atemmasken bestellt, die heute geliefert werden sollen. Mal sehen, wie sie sitzen. Ich habe mal eine anprobiert und die saß oben an der Nase nicht gut, so dass meine Brille immer beschlagen war. Gute Luft atmen, aber nichts mehr sehen, macht das Leben auch nicht sicherer.
Da die Fenster zum Teil nicht ganz perfekt schließen, haben wir schon ein paar Lecks ausfindig gemacht und mit Flauschband abgedichtet, aber der Vorrat ist aufgebraucht (Henning, wir bräuchten da noch mal Nachschub von eurer Firma....). Oben im Haus, wo die Schlafzimmer sind, scheinen die Fenster einigermaßen dicht zu sein, denn die Messwerte sind top. Aber im Erdgeschoss geht die Tür auf und zu, Hund oder Mensch raus und rein, und es jedesmal kommt Feinstaub mit ins Haus. Wir haben insgesamt 5 Luftreiniger verteilt im Haus laufen und die halten unsere Innenluft zuverlässig sauber. Ich will mich nicht verrückt machen. Das ist irgendwie nicht mein Stil. Felix fährt die kurze Strecke zur Schule trotzdem mit Rad. Und zum Bäcker um die Ecke düse ich auch schnell. Aber schön ist es nicht, wenn ich einen leicht pelzigen Geschmack im Mund habe, die Nase trocken ist und die Luft unangenehm riecht.
Früher habe ich mich nicht wirklich mit der Luftqualität beschäftigt. Es war so selbstverständlich immer die Fenster offen zu haben. Ich habe auf meiner "Luftwerte-App" jetzt auch die Städte München und Landsberg gespeichert und es hat mich überrascht, dass auch dort die Werte immer wieder im gelben statt grünen Bereich liegen. Ein Kollege vom Gatzinger hatte sein eigenes Messgerät vor kurzem mit in sein Dorf in der Nähe des Ammersees genommen. Auch da haben ihn die tatsächlich gemessenen Werte teilweise erstaunt und er ist an dem einen Morgen dann doch nicht joggen gegangen. Und wenn in Deutschland die gemütlichen Holzöfen in der kalten Jahreszeit bollern, ist das ganz bestimmt auch nicht förderlich für eine bessere Luft. Raucher haben es da einfacher, die brauchen sich mit dem Thema Luftqualität nicht zu beschäftigen. Wenn man Zigarettenqualm in das Messgerät pustet, dann ist es interessant zu sehen, wie die Werte schlicht durch die Decke gehen. Da ist es eh schon wurscht.
Heute bleibe ich daheim und vermeide unnötiges Herumtreiben. Zeit für Tee, ein Buch, den Rechner und diesen Bericht. Zeit vielleicht auch für die Chinesich-Hausaufgaben und Vokabeln oder die Planung der Weihnachtsferien. Zeit auch für Gedanken, wie "Wieso werden die Chinesen bei der Luft und ohne Luftreiniger eigentlich trotzdem so alt?!" oder " Wieso gibt es Asthma-Kinder, die in Deutschland viel mehr Beschwerden haben als hier?" Ich habe keine Ahnung!
Es ist nicht immer Bullerbü! Seid lieb gegrüßt!
die Gatzingerin
P.S.: Jetzt habe ich eben, als ich fertig war mit Schreiben, draußen noch ein mal gemessen und da hatte sich der Feinstaubwert im Vergleich zu heute früh schon wieder halbiert. Gut so. Manchmal reicht schon ein Wind, der irgendeine blöde Wolke weiter treibt.
