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Schule dahoam

Ich wollte nie Lehrerin sein. Das stand nie auf meiner "was-ich-später-mal-werden-möchte"-Liste. Ich bin auch nicht gut darin, meinen Sohn bei den Hausaufgaben zu unterstützen. Da steckt zuviel Nähe, zu viel Emotion und Beziehung auf beiden Seiten drin. Ich bin auch der Meinung, dass Eltern oft am wenigstens geeignet sind, gemeinsam mit ihren Kindern Hausaufgaben zu machen. Manchmal bin ich noch nicht mal sicher, ob ich Hausaufgaben unbedingt sinnvoll finden muss. Mein Sohn geht im Grunde gerne in die Schule. Er ist dort wirklich aufmerksam und erledigt alle Aufgaben gewissenhaft. Aber Hausaufgaben hasst er und da wird wirklich nur das Allernötigste möglichst zeitsparend gemacht.

Und nun das: Schule im Homeoffice. Schule über eine eLearning Plattform zuhause am Schreibtisch. Schule ohne die Kumpels, ohne Fussball auf dem Sportplatz in der großen Pause, ohne das gemeinsame Mittagessen in der Mensa und ohne Lehrer, die den Stoff erklären oder für Fragen bereit stehen. Dafür mit Mama... Das ist neu. Das ist eine Herausforderung, der wir uns stellen und die schon seit einer Woche läuft.

 

Wie das eLearning funktioniert? Die Lehrer laden einen Wochenplan mit entsprechenden Arbeitsblättern, Materialien oder benötigten Links hoch auf die eLearning Plattform. Dort landen sie gemeinsam für alle 5. Klassen der Schule in den Ordnern der jeweiligen Fächer. Manchmal findet sich auch noch eine nette, an die Schüler gerichtete eMail im Postfach. Die Kids und Eltern laden die benötigten Dateien auf den Rechner daheim runter, drucken viele, viele Zettel aus und versuchen eine Struktur für die Woche, für jeden Tag zu finden. Dann sitzt der Sohnemann jeden Tag nach dem Ausschlafen (ganz wichtig und toll) und Frühstück am Schreibtisch und bearbeitet die Aufgaben. Am meisten machen ihm die Aufträge Spaß, die am Computer zu bearbeiten sind und ich bin erstaunt, wie gut er schon Schriftstücke mit mehreren Spalten erstellen oder Schriften oder Layout verändern kann. Pro Tag sucht er sich meist ein Hauptfach heraus und dann wird das im Block abgearbeitet. Zur Auflockerung müssen dann z.B. in Kunst mit eigenen Bildern Fotocollagen erstellt oder eine Geschichtseinheit zum Alten Ägypten auf einer Online-Plattform bearbeitet werden. Die erledigten Aufgaben und Ergebnisse scannen wir wieder ein und laden sie in seinen persönlichen Schülerordner hoch, auf den nur die Lehrer und wir Zugriff haben. Sogar Sport steht auf dem Lehrplan mit der Aufforderung jeden Tag an ausreichend Bewegung an der frischen Luft zu denken, dieses gerne mit Fotos zu dokumentieren und im Wochenplan finden sich z.B. Links zu einem Workout mit der ganzen Familie. Am Freitag gab es zum Abschluss der ersten Woche noch einen Mathetest und dann konnte das heiß ersehnte Wochenende eingeleitet werden.

 

Und wie kommen der Junior und wir als Familie damit klar? Ich muss sagen, es klappt meist ganz gut. 3 von 4 Tagen waren easy, der eine gestaltete sich etwas zäher. Da mussten wir uns hier und da anmeckern und unsere Geduld wurde immer wieder auf die Probe gestellt. Insgesamt bin ich aber positiv überascht und am Ende waren alle Arbeitsaufträge abgehakt. Von seiner Deutschlehrerin kam sogar ein Dank für die eingereichten Aufgaben per Mail sowie die fröhliche Aussage, dass sie sich sehr freut, seine oft sehr kleine Handschrift am Computer so vergrößern zu können, dass sie den Text viel besser lesen konnte als normalerweise. Da wir ja ursprünglich nur 10 Tage in Deutschland bleiben wollten, haben wir natürlich keine Schulbücher und Hefte mitgenommen. Aber wir schlagen uns durch. Einen neuen Füller brauchte der Junior sowieso, die alten Kieserblöcke der 4. Klasse weden doch noch aufgebraucht, der Schreibtisch steht eh noch an Ort und Stelle und was uns an Erklärung, Info und Wissen fehlt, muss aus dem Internet gefischt werden.

 

Anstrengend ist es trotzdem für alle und ich ziehe immer wieder den Hut vor tollen Lehrern (ja, die begegnen uns immer wieder und sogar öfter als man meinen mag), die meinen Sohn durch seine Schulzeit begleiten. Ich ziehe auch den Hut vor der Schule, insbesondere den IT'lern, die während der Schulferien diese eLearning-Plattform auf die Beine gestellt haben, damit die Kids ihrer Schulpflicht nachkommen können und es irgendwie weiter gehen kann. Ich ziehe den Hut vor allen Beteiligten, die sich auf das kleine Abenteuer eLearning einlassen.

 

Jetzt liegen noch mindestens 3 weitere Wochen Homeschooling vor uns. Ich drücke die Daumen, dass es bei uns so weiter geht wie diese Woche mit manchen ungeliebten, aber auch vielen tollen Aufgaben für die Kids. Und wenn am Ende (wann auch immer das Ende erreicht sein wird) die Schule wieder ihre Tore öffnen darf, bin ich mir sicher, dass sich die Kids dann nie zuvor so gefreut haben, wieder gemeinsam mit ihren Freunden zur Schule gehen zu dürfen. Ebenso werden wahrscheinlich die Eltern glücklich sein, dass der Schulalltag wieder beginnt. Vielleicht werden wir Eltern auch ein klein wenig mehr Respekt und Hochachtung vor den Lehrern zeigen, die unseren Kindern 5 Tage die Woche viele spannende, interessante und wichtige Dinge erklären, zeigen und beibringen. Vielleicht geht unsere Schulgemeinschaft insgesamt gestärkt aus diesen unruhigen Wochen hervor und wächst auf allen Ebenen (Lehrer, Eltern & Schüler) noch mehr zusammen. Ich freu mich jetzt schon auf den Tag, an dem die Schule wieder ihre Tore öffnet und wir unseren Alltag zurück bekommen. Bis dahin halten wir einfach die Ohren steif und geben unser Bestes - mehr geht eh nicht.

 

Liebe Grüße vom Schreibtisch!

die Gatzingerin (assistant teacher)