2020 scheint nicht das Jahr der Umsetzung sorgsam ausgedachter Pläne zu sein. Besonders unsere Reisepläne sind davon betroffen. Noch nie hatten wir so viele Voucher oder Guthaben bei den unterschiedlichsten Airlines und Reiseanbietern. Sogar Rückerstattungen gab es schon, obwohl wir die teilweise gar nicht angefragt hatten.
Nun sollte die angedachte Reise Anfang Juli laut Urlaubsplan C oder D ganz simpel auf eine tropische, chinesische Insel gehen. Faulenzen, baden, lesen, Ruhe und Natur stand auf dem Plan. Wir hatten es bewusst reisetechnisch einfach gehalten, weil mir nicht nach ständigen Kontrollen an Bahnhöfen, Flughäfen oder sonstwo der Hut stand. Einfach nur Hotel, schöner Strand, Pool und das Meer - so lauetet also Plan C. Leider sitze ich jetzt in diesem Moment immer noch in Shanghai, anstatt eigentlich schon die zweite Woche im Meer zu baden.
Die erste Woche wurde gecancelt, weil der Gatzinger leider ein paar Tage vor geplantem Abflug irgendwo ein Stück Fisch gegessen hat, was anscheinend besser im Müll gelandet wäre. Somit war er 6 Tage lahmgelegt. An Urlaub war so nicht zu denken.
Nach einem Moment voller Frust, haben wir uns trotzdem eine nette Woche in der Stadt gemacht, waren im wirklich sehenswerten Naturkundemuseum und der Junior hat die Tage intensiv mit seinen Freunden genutzt. Das ist das schöne an diesen Sommerferien: Die Kinder sind in diesem Jahr fast alle vor Ort statt in der Welt verteilt und es bleibt viel Zeit für Verabredungen, gemeinsame Ausflüge und Übernachtungen.
Aber nun haben wir gräßlicherweise auch noch die zweite Urlaubswoche abgesagt. Ganz fit ist der Gatzinger nämlich immer noch nicht. Da wir aber noch mitten in Zeiten von Corona stecken, fährt man hier nicht zum Flughafen oder Bahnhof, wenn man sich nicht zu 100% gut fühlt. Dazu sind die hiesigen Kontrollen zu streng. Ständig wird Fieber gemessen, mal offensichtlich, mal versteckt mit Wärmebildkamera und ich mag es mir gar nicht ausdenken, was passiert, wenn sie uns dann mit leicht erhöhter Temperatur rausfischen würden. Das gilt es zu vermeiden. Ich muss sagen, dass ich es tatsächlich gut finde, wenn die angeschlagenen, kränkelnden Menschen gerade eher zu Hause bleiben, statt sich auf Reisen zu begeben. So ist allen geholfen. Leider hat es nun halt auch uns getroffen.
Wir waren und sind natürlich alle traurig, dass wir jetzt immer noch bei viel Regen und Hitze hier in Shanghai sitzen. Aber die Sommerferien sind ja noch nicht vorbei. 5 Wochen liegen noch vor uns und da wird sich wahrscheinlich noch eine Gelegenheit für eine kleine Reise bieten. Der Schmerz der verpassten Reise hält auch nicht wirklich lange an. Aber der kurzfristige Frust darf trotzdem sein. Besonders da wir dieses Jahr schon so einige Reisepläne an den Haken hängen mussten. Die Summe macht es anstrengend für mich.
Diese Tage sah ich am Morgen, auf dem Rückweg vom Franzosen mit Baguette und Croissants beladen, einen VW-Bus, einen Bulli, unser Reiseauto der letzten Jahre. Da war es ganz plötzlich, wie aus dem Nichts, um mich geschehen. Mir liefen die Tränen über das Gesicht. Davon gibt es hier nicht allzu viele. Da brach sich das innere Unglück seinen Weg ins Außen, zeigte sich, um nach einigen traurigen Momenten wieder zu verschwinden. Mit einem Bulli sind all unsere Urlaubserinnerungen der letzten Jahre verbunden. Egal ob Osterferien, Pfingsten oder Herbstferien - am liebsten haben wir unsere 7 Sachen eingeladen und dann ging es meistens ab über den San Bernardino nach Livorno und weiter nach Sardinien. Mal alle zusammen, mal nur die beiden Jungs. Im Sommer war es uns im Süden zu voll und zu warm. Da lockte der Norden. Mit dem Anblick jenes Bullis kamen mir Gedanken an die langen Strände und hohen Dünen Dänemarks in den Kopf. Gedanken an die wunderschönen Vesterålen, die Lofoten, Fjorde. Gedanken an diese schier endlos scheinenden Sommertage. Herrlich. In jenem Augenblick dachte ich selbstverständlich nicht an Dauerregen und zu viel Wind im hohen Norden Europas.
Der Gatzinger war etwas schockiert ob meiner Reaktion beim Anblick eines Bullis. Er bot sogar an, mir und dem Junior einen Flug gen Deutschland zu buchen, wenn ich da glücklicher wäre. Aber das ist es ja gar nicht, was ich will. Dann bin ich da unentspannt, weil ich nicht weiß, wann, wie und ob ich wieder nach Shanghai zurück kommen kann. Außerdem ist auch in Deutschland das Jahr 2020. Auch dort werden Pläne über den Haufen geworfen und die Dinge laufen anders als zuvor. Die andere Wiese ist auch nicht grüner. Die Welt spielt gerade überall verrückt und damit klar zu kommen ist in manchen Situationen nicht immer leicht, in anderen Momenten schon. Wir lernen stets dazu. Das Kapitel Shanghai ist oft kein leichtes, aber es ist toll und spannend und ich möchte es nicht missen und schon gar nicht beenden. Es wäre nur schön, wenn es wieder etwas berechenbarer werden würde.
Was diese Sommerferien noch bringen? Wir werden sehen. Wahrscheinlich noch viele schöne, aber auch ein paar weniger schöne Ereignisse. Ich versuche gewappnet zu sein und diese "hätte - hätte - Fahrradkette"-Gedanken zu verbannen. Hier & Jetzt - Darauf kommt es an! Ich arbeite dran.
Liebe Grüße hinaus in die Welt.
die Gatzingerin