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Unser 13. Monat

Der August war im Grunde ein trauriger Monat, auch wenn wir nicht immer traurig waren. Aber wir mussten uns von einem besonders großen, wichtigen und lieben Menschen verabschieden, ohne uns wirklich verabschieden zu können. Das macht es nicht unbedingt leichter. Wir arbeiten dran. Trotzdem gab es natürlich auch viele schöne, positive und fröhliche Momente. Wie das Leben so ist. Ein ständiges Auf und Ab, Hin und Her, Zurück und Vorwärts. Damit kann ich meist gut leben, denn wer will schon, dass das Leben eintönig und langweilig vor sich hin plätschert. Das würde mich jedenfalls auf Dauer nicht zufrieden stellen.

 

Der Junior hat die letzten Ferienwochen mit seinen Freunden genossen. Sie haben die heißen Tage mit Trampolinhalle, Übernachtungen und Baden gefüllt. Ich habe die letzten Wochen bemerkt, dass mein Kind, das ja kein Kind mehr ist, sondern sich immer mehr zu einem Halb-Teenie entwickelt, anfängt in seinem Zimmer Musik zu hören. Vorher fand er Musik auch ganz nett, aber jetzt ist es anders. Er koppelt die kleine Box mit seinem Telefonino und hört laut Musik bei geschlossener Zimmertür. Alleine oder mit Freunden. Dazu baut er Lego, klimpert selbst auf seiner Gitarre oder liegt einfach nur auf dem Bett. Das Lustige ist, dass ich die Musik nur allzu gut kenne, denn sie hat mich durch meine Jugend und letzten Schuljahre begleitet. So höre ich jetzt also wieder Guns'n Roses, ACϟDC, Nirvana oder Metallica durch's Haus schallen und werde dabei an viele Momente und Menschen aus meiner späten Schulzeit erinnert. Ob sich unsere Eltern genauso gefühlt haben, als wir ihre Abba-LPs gehört haben? Ich mag die Musik jedenfalls immer noch und ich bin froh, dass mir die moderne Dummbatz-DuzzDuzz-Musik vorerst erspart bleibt.

 

Wir hatten Jubiläum. Letztes Jahr Mitte August sind wir mit Sack und Pack hier in Shanghai angekommen. Jetzt sind wir schon über ein Jahr hier und trotz des vielen Chaos der letzten 12 Monate, haben wir uns sehr gut eingelebt und fühlen uns immer noch sehr wohl; meistens jedenfalls. Wir wussten zu Beginn ja auch gar nicht, wie lange wir hier sein werden. Ein halbes Jahr? ein Jahr? Umzug nach Peking? Ja? Nein! 3 Jahre Shanghai sollen es nun werden, aber ich mache da mittlerweile keine Prognosen mehr. Bei den wuseligen Zeiten in China, in Deutschland, weltweit erscheint es mir schwierig, mich auf einen fixen Zeitraum zu versteifen. Ich hoffe, auf 3 Jahre und sollte es spontan weniger sein, dann freue ich mich über jeden Monat, den ich hier in FernOst neue Eindrücke sammeln kann.

 

Zum Ende der Ferien haben wir es uns ein Wochenende in einem tollen Hotel in der Stadt direkt am Huangpu gut gehen lassen. Staycation wird das heutzutage anscheinend genannt... nun gut. Es war auf jeden Fall eine tolle, kurze Auszeit, bevor wir wieder in unseren Alltag mit Wecker, Schule, Arbeit, Sport und Chinesisch-Unterricht gestartet sind.

 

Der August in Shanghai ist immer der heißeste Monat des Jahres. Aber dieses Jahr war nicht nur der Juli besonders nass sondern auch der August besonders heiß. Ein bisi Statistik gefällig? 1 Tag im August lag die Temperatur unter 30℃, nämlich bei 29℃. 6 Tage lagen zwischen 30 und 34℃. Die restlichen 24 Tage war es zwischen 35℃ und 38℃ warm. Und jeden einzelnen Tag davon, war ich froh um die funktionierende Klimaanlage im Haus, die immer auf 26℃ eingestellt war. Jeans, Jacken, feste Schuhe, Longsleeve, Socken,.... braucht kein Mensch, außer z.T. der arme Gatzinger, wenn er ins Büro geht. Einige kleinere und mittelstarke Taifune haben sich im Laufe des Monats über dem ostchinesischen Meer zusammengebraut, aber bisher sind sie alle mehr oder weniger knapp an Shanghai vorbei gezogen. Außer ein leichter Sturm, viel Wind und Regen haben wir nichts abbekommen.

 

Ansonsten war nur Alltag. Was auch voll ok ist. Ich genieße es, wieder Chinesisch Unterricht zu haben. Hinterher mit Frau Nachbarin eine Kleinigkeit essen, erzählen und dann noch einen kleinen Cappuccino bei mir trinken. Weiterhin freut mich, dass zwei liebe Nachbarinnen nach 6 Monaten Aufenthalt in Deutschland endlich wieder nach China einreisen konnten und nun nach Beendigung der staatlichen Quarantäne wieder nebenan und schräg gegenüber wohnen.

 

Nun freu ich mich auf einen normal-sommerlichen September.

Froh und munter, hängt sich drunter...

die Gatzingerin