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Unser 14. Monat

Den ganzen Sommer über haben wir uns auf den September gefreut. Im September ist die große Hitze vorbei und die Stadt atmet auf. Nun ist dieser wirklich herbeigesehnte Monat schon wieder vorbei. Schön war das Wetter tatsächlich meistens. Die Temperaturen haben sich im Schnitt um die 25 Grad eingependelt und wir konnten uns wirklich oft an guten Luftwerten erfreuen. Das weiß jeder in der Stadt hier zu schätzen.

 

Der Junior war tagsüber in der Schule verräumt. Der Unterricht konnte durchgehend offline im Schulgebäude erfolgen und bis auf einige Einschränkungen, lief der Schulalltag recht normal ab. Im Laufe des Septembers sind fast alle fehlenden Lehrkräfte der Schule eingereist und nach Beendigung der Quarantäne konnten sie in den Unterricht einsteigen. Ich bin wirklich froh, dass die drei fehlenden Lehrer des Juniors alle trotz Corona und den strengen Quarantäne-Auflagen den Arsch in der Hose hatten und ihren Schuldienst bei uns an der Schule angetreten haben. Das rechne ich jedem einzelnen hoch an.

Die Schule macht dem Junior angeblich nur mittelmäßig Spaß, das Fussballtraining dafür umso mehr. Besondere Freude herrscht bei den Jungs über den ebenfalls frisch eingereisten Trainer aus Dortmund, der sie von nun an über das Spielfeld jagen wird. Er hat ihre Sympathien anscheinend im Sturm erobert. Nach fast 8 Monaten durfte außerdem der Gitarrenlehrer endlich wieder ins Land und wenn seine Quarantäne nach den Herbstferien beendet ist, freut der Junior sich schon auf "richtigen" Gitarrenunterricht von Angesicht zu Angesicht.

 

Der Gatzinger hat wirklich viel zu tun, ist lange im Büro und sitzt nach dem Abendessen teilweise noch in seinem Lieblings-Keller, schreibt Emails, telefoniert, schimpft oder freut sich. Fast wie daheim in Windy, nur leider ohne seine beiden liebsten Keller-Mitbewohner. Die angenehmen Temperaturen und die gute Luft haben es ihm auch immer wieder erlaubt, auf sein schnelles Radl zu steigen und lange Runden durch die ländlicheren Ecken von Shanghai zu machen. Mal alleine oder zu zweit, mal in großer Runde.... manchmal aber auch gar nicht. Dann war er so früh nicht aus den Federn zu bekommen. Das zweite Shanghai-Bier wurde auf der Terrasse gebraut und wartet auf baldige Flaschen-Abfüllung. Zur Bier-Probe steht es allerdings frühestens Ende Oktober zur Verfügung.

 

Ich selbst habe die Tage für kleine Entdeckungs-Touren genutzt. Mal alleine, mal mit einer Frau Nachbarin. Durch die Strassen und Gassen von Shanghai habe ich mich treiben lassen, ein Wasserdorf kreuz und quer durchlaufen bis mir die Füße weh taten. Es wurden Geburtstage gefeiert, kleine Märkte am Wochenende besucht und mit Freunden draußen gesessen, gegessen und erzählt. Ich habe den September wirklich sehr genossen und war froh über ruhigeres, geregeltes Fahrwasser ohne viele Untiefen.

 

EIGENTLICH hätte der Monat wirklich prima sein können. Nein, eigentlich war er es auch. Es gab nur diesen einen, heftigen Dämpfer, der alle in Shanghai lebenden Menschen mit Schulkindern von nun an auf unbestimmte Zeit mehr oder weniger an die Stadtgrenzen fesselt. Die Kids sowie Lehrer und alle Angestellten der Schule dürfen das Schulgelände momentan nur betreten, wenn sie mingestens 14 Tage lang die Provinz Shanghai nicht verlassen haben. Damit sind alle kleinen und größeren Alltagsfluchten ins Grüne aus dem Kalender verschwunden, denn leider ist die Provinz Shanghai fast gleichbedeutend mit der Stadt Shanghai und innerhalb dieser Grenzen befindet sich einfach kein nennenswertes Waldgebiet, was wirklich etwas mit NATUR zu tun hat. Reisen ohne Kinder wären möglich. Der Papa dürfte auf Dienstreise gehen. Die Eltern könnten das Wochenende unterwegs sein. Das Kind dürfte im Anschluss trotzdem zur Schule. Es war ja länger als 14 Tage in Shanghai.... Nach einer Logik braucht man bei der Regelung aus meiner Sicht nicht zu suchen. Diese Kröte müssen wir einfach schlucken. Dafür bin ich dankbar für den geregelten offline-Schulunterricht mit Sport, AGs, Fussball-Liga und nur wenigen Einschränkungen im Alltag.

 

Der letzte September-Tag war gleichzeitig der letzte Schultag. Gestern haben also die Herbstferien angefangen mit dem Mondfest und dem Nationalfeiertag. Die meisten Chinesen haben nun 1 Woche, meine beiden Männer 11 Tage frei. Wir werden natürlich brav daheim bleiben und nicht unterwegs sein. Wir werden uns dieses Mal nicht in einem der schönen Hotels der Stadt einquartieren. Dafür ist uns in der Golden Week die Stadt einfach viel zu voll und wuselig. Wir haben ein paar kleine Ideen und Pläne. Unternehmungen mit Freunden, die Kids starten wahrscheinlich wieder ihren Ferien-Übernachtungs-Marathon, mein Geburtstag steht bevor und ansonsten schauen wir mal, was uns die freien Tage sonst noch bringen werden.

 

Der Herbst kommt näher. Auch hier in Shanghai. Das Licht wird weicher, das Grün der Blätter gelber. Nur die Temperaturen sind noch nicht wirklich herbstlich. Bisher reichen meist noch T-Shirt, Rock und FlipFlops. Ich sende Grüße an den schönen deutschen Herbst mit Nebel, klarer Luft, Wind, bunten Blättern und goldenen Sonnenstrahlen. Ich mag den deutschen Herbst - wenn er sich an die Regeln hält ;-)

 

Bis bald, die Gatzingerin