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Unser 15. Monat

Ein besonderer Monat in dem wir zweimal den Vollmond in all seiner Pracht am sternenklaren Himmel bewundern konnten.

 

Er begann mit den Herbstferien, die wir gezwungenermaßen vor Ort in Shanghai verbracht haben. Aber auch hier haben wir es uns gut gehen lassen und ein paar schöne DInge unternommen. Das Motto im Corona-Jahr scheint zu sein: "Warum in die Ferne schweifen, sieh das Gute liegt so nah..."

 

Der Schulalltag des Juniors konnte nach den Ferien mit einem neuen Stundenplan und nun endlich auch allen neu eingereisten Lehrern beginnen, die frisch aus der Quarantäne entlassen worden sind. Es standen jede Woche eine oder zwei Klassenarbeiten auf dem Plan, dazu noch Vokabeltests und ordentlich Hausaufgaben. Auch spannende Aktionen wie die Bundesjugendspiele konnten wie geplant durchgeführt werden. Die Maskenpflicht in der Schule wurde von offizieller Seite etwas gelockert: Masken müssen nur noch zur Anreise im Bus und beim Betreten und Verlassen der Schule sowie bei größeren Schülerversammlungen in der Piazza getragen werden. Ansonsten können die Kids nun auch wieder offiziell erlaubt frei durchatmen.

Das Fussballtraining und die Fussballliga T98 laufen bereits wieder auf Hochtouren. Die Jungs in schwarz-gelb sind mit Feuereifer dabei, geben alles für ihren ebenfalls frisch eingereisten BVB-Trainer. Der sei wohl etwas strenger und das Taktik-Training mache weniger Spaß als einfach zu kicken, aber trotzdem bewundern sie ihn. So scheint es zumindest. Flix ist besonders glücklich über das zusätzliche Torwarttraining einmal die Woche, dass er mit zwei anderen Jungs bekommt. Und wenn man den Jungs am Samstag auf dem Fussballplatz so zuschaut, dann sieht das teilweise echt gut aus. Am schönsten finde ich, dass sie auch nach einer krachenden Niederlage als Mannschaft super zusammenstehen. Ich wollte ja nie eine "Soccer-mom" werden, habe mich immer dagegen gewehrt, die Samstage auf dem Bolzplatz zu verbringen. Ich bin auch jetzt nicht jedesmal dabei, aber wenn ich mal mitfahre, dann macht es mir wirklich Spaß. Am Besten gefällt mir zu sehen wie nett und zugewandt die Jungs untereinander, aber auch mit ihren Trainern sind. Angenehm ist weiterhin, dass die Eltern die Mannschaft lediglich anfeuern dürfen, aber ein coaching seitens der Eltern ist unerwünscht, was sehr, sehr angenehm ist. Ebensowenig werden die Schiedsrichter angemault bei zweifelhaften Entscheidungen. Das Ganze läuft also frei von aggressivem Eltern-Coaching ab und das macht es so angenehm für mich. Obwohl ich als Torwart-Mama immer ziemlich nervös bin....

 

Der Gatzinger konnte einen Freitag Abend mit einigen Arbeits- und Radl-Kollegen auf dem Paulaner Oktoberfest verbringen, was natürlich schlecht abschneidet, vergleicht man das Event mit der "einzig wahren Wiesn". Aber da dieses Jahr in München die Theresienwiese ja leer bleiben musste, war der Abend natürlich besser als nix. Normalerweise reisen zu den chinesischen Oktoberfesten extra bayerische Bands an, was dieses Jahr natürlich nicht möglich war. So hat im Paulaner eine Band zweifelhaften Ursprungs aufgespielt. Nachdem die Musiker aber endlich aufgehört hatten, sich mehr schlecht als recht an deutscher Wirtshaus-Musik zu versuchen und mit englischen Liedern weiter gemacht haben, war es wohl sehr spaßig. 

 

Das Wetter war den Oktober über oft sonnig mit blauem Himmel, Temperaturen kurz über 20 Grad und guter Luft, so dass wir alle zusammen oder ich alleine gerne in der Stadt unterwegs waren. Aber für mich bestand der Monat insgesamt aus viel Alltag mit TaiChi und Chinesisch-Unterricht, einem Cappuccino hier und da mit meiner lieben Frau Ex-Nachbarin (Ja, sie ist leider umgezogen). Zwei meiner liebsten Damen, die bei mir ums Eck gewohnt haben, sind leider in den letzten Wochen umgezogen. Zwar nur einen Kilometer weiter, aber es ist trotzdem nicht mehr das Gleiche, weil wir uns im Alltag nicht mehr über den Weg laufen und unsere Treffen nun mehr planen müssen. Aber das ist alles machbar.

 

Der Monat endete mit einem Paukenschlag, eigentlich mit zwei. Es war so weit und ich war auf meiner erstem Hallowenn-Party. Ja, ich habe es getan. Aber es wird nach wie vor nicht zu meinen Lieblingsveranstaltungen gehören. Halloween und ich - wir werden einfach keine Freunde werden. 

Viel schlimmer trifft es mich, dass meine Kommune dahoam zerbricht. 3 Familien in einem Haus, ein gemeinsamer Garten, eine wunderbare Gemeinschaft. Wenig Streit, dafür viel Spaß. Die Nachricht, dass die Sandwich-Familie ausziehen wird, trifft mich ins Mark, trifft uns alle tief. Natürlich sind auch wir gegangen, aber das ist auf Zeit und für mich gefühlt anders. Unsere schöne Wohnung wartet auf uns, wir kommen wieder, wollten ja auch zwischendurch viel öfter da sein, als wir es nun umsetzen können. Die neue Entwicklung ist aber nicht auf Zeit, sie ist endgültig, auch wenn diese drei Lieblingsmenschen nur ein Dorf weiter ziehen. Trotzdem ist es dann nur noch ein Besuch und nicht mehr das Miteinander der vergangenen Jahre. So heulen wir Damen uns also per WeChat-Nachrichten und Videotelefonie die Ohren voll und die Augen rot, aber zu ändern ist es nicht. Ich kann ihre Entscheidung auch verstehen und nachvollziehen, aber nichtsdestotrotz endet der Monat unglücklich für mich und ich fühle mich, wie mitten in einer Trennungsphase. Ich bin hier in der Ferne ziemlich ausgenockt, als würde ich etwas sehr Wertvolles verlieren. Aber so ist das Leben. Das gehört dazu, es geht weiter... und wieder lande ich bei Hermann Hesses "Stufen", will nicht, dass es so ist, weiß aber, dass es so sein muss. Ein Scheiß-Ende eines eigentlich schönen Monats.

 

Heute grüße ich mit geröteten Augen!

die Gatzingerin