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Tage im Märchenland

2 Wochen Maiferien standen ins Haus. Eine Woche davon waren wir unterwegs. Es hat uns nach Guilin/Yangshuo in der Provinz Guangxi verschlagen. Guangxi befindet sich in Südchina und grenzt direkt an Vietnam. Von Guilin habe ich bereits viel gehört. Es sei so schön. Da müsse man unbedingt hin. Eine der schönsten Ecken Chinas. Viele Fotos hatte ich ebenfalls schon gesehen und die Gegend machte einen wirklich sehenswerten Eindruck auf mich. Und was soll ich nach diesen 6 tollen Tagen in unserer gemütlichen Lodge direkt am Fluss sagen? Ich finde es live noch viel, viel schöner als auf all den Bildern, die ich gesehen hatte. Wir waren alle ganz verzaubert und begeistert. Es war wie eine Reise in eine kleine Zauberwelt, ins Feenreich, ins Märchenland. Grün, saftig, lieblich, ruhig... zumindest dort wo wir waren. Meine liebe Mutter hat gesagt, dass sie sich China irgendwie ganz genau so vorgestellt hat, wie auf den Fotos, die ich ihr immer wieder von unterwegs gesendet habe.

 

Das Wetter war uns wohlgesonnen und wir hatten nur am An- und Abreisetag nennenswerte Niederschläge. Die ersten Tage der Reise war noch relativ wenig los in der Gegend und wir konnten schöne Sachen unternehmen. Eine lange Radltour auf rosa und hellblauen Schrotträdern über kleine Wege durch die Dörfer und Felder rechts und links des Yulong Rivers. Auf den Feldern wuchsen Erdnüsse, Taro, Chili, Bohnen in vielen Variationen, Tomaten, Auberginen und Gurken. Das Grün der Landschaft ist üppig und fast schon tropisch. Besonders faszinierend sind natürlich die allgegenwärtigen kleinen, grünen Zuckerhut-Berge. Irgendwer schrieb mir, dass die Landschaft sie sehr an Vietnam erinnern würde, was total stimmt. Vietnam ist gerade mal 600km entfernt und auch dort findet man im Norden diese Zuckerhutberge zu Wasser und an Land. Sogar James Bond ist seinerzeit durch die Karstberge bzw. Inseln dort mit dem Boot gerast.

 

Besonders faszinierend finde ich die Bambusflöße, die auf dem kleinen Fluss dahingleiten. Sie werden natürlich hauptsächlich für die Touristen benutzt, aber hier und da sind immer noch Fischer mit ihnen unterwegs, um ihre Netze zu kontrollieren. Eine schöne, ruhige, fast meditative Art der Fortbewegung.

Von Oben betrachtet haben wir die Hügel auch. An einem späten Nachmittag ging es zur "Freude" des Gatzingers per steiler und schneller Seilbahn den Berg hinauf. Oben befand sich über mehrere Hügel verteilt eine Art Touristen-Erlebnispfad, ein chinesischer Adventure-Parcour mit langer Hängebrücke, Aussichtsplattformen, Selfiespots, Glasbodenweg über dem Abgrund am Berg entlang, Gitterwegen und ganz normalen Wegen. Es war nicht viel los, als wir ankamen und schön war es ebenso. Diese herrliche Aussicht. Dazu bestes Wetter und ein beginnender Sonnenuntergang. Eigentlich hatten wir geplant bis zum Sonnenuntergang zu bleiben. Das fanden die Mitarbeiter der Seilbahn aber anscheinend nicht so prickelnd und so wurden wir leider etwas zu früh zurück zur Seilbahnstation gescheucht und nach unten befördert.

Die zweite Hälfte des Urlaubs waren Mai-Feiertage in China und somit war gefühlt wieder jeder zweite Chinese auf Reisen. Wir haben uns von da an von den Touri-Hotspots fern gehalten. Ich einen Tag sogar so fern, dass ich gleich im Bett geblieben bin. 24 Stunden krank und schlapp bei schöner Aussicht. Aber danach war auch ich bereit für zwei weitere Tage Entdeckungstour. Vor Beginn der Reise hatte ich eine kleine Karte entdeckt, wo sogar die schmalen Pfade zwischen den Feldern und am Wasser entlang eingezeichnet waren. Ebenso sollte es nicht weit von unserer Lodge zwei Höhlen geben, die wir uns anschauen wollten. Als ich im Bett lag, war der Gatzinger mit dem Junior schon einmal auf Pirsch gewesen und nun sollte ich noch einmal mitkommen, denn die beiden waren ganz begeistert von ihren Entdeckungen. Und wirklich, die beiden Höhlen waren toll und wir mussten sie uns nur mit einer anderen Familie teilen. Einst sollen sich dort sogar die Japaner im Krieg gegen die Chinesen verschanzt haben. Eine gute Übersciht auf den Fluss und das Umland hatten sie von dort aus auf jeden Fall.

Eine weitere kleine Wanderung an unserem letzten Urlaubstag wuchs sich zu einer sehr langen Wanderung aus. Der Weg führte und über Stock und Stein, teilweise auf fast zugewucherten, aber noch erkennbaren Trampelfaden und durch Orangen- und Pomelo-Plantagen. Es war anstrengend, und am Ende nach fast 18km waren zumindest wir Erwachsenen platt. Einen Teil des Weges mussten wir noch auf der anderen, touristischeren Flussseite zurücklegen. Dort war es voll und laut, viel wuseliger und wir waren so froh über die abgeschiedene und idyllische Lage unserer Lodge.

Es war ein insgesamt superschöner Urlaub mit vielen großen und kleinen Aktivitäten, aber auch genug Zeit zum Faulenzen. Meine beiden Herren waren noch eine Runde mit dem Quad unterwegs, die Kids haben an der Lodge beim Reispflanzen geholfen und standen dabei wadentief im Matsch und natürlich wurde der Pool jeden Tag intensiv genutzt. Hallo Sommer!

 

In der letzten Nacht zog dann ein Gewitter nach dem anderen über uns hinweg und es wollte gar nicht mehr aufhören zu regnen. Das gemütliche Flüsschen verwandelte sich zunehmend in einen braunen, gurgelnden Fluss, die flache Brücke neben der Lodge war schnell überflutet, das Ufer ebenso. Erst auf dem Weg zum Flughafen am frühen Nachmittag ging der Regen in ein Tröpfeln über und passend zum Abflug kam sogar noch kurz die Sonne raus.

 

Vollgetankt mit schönen Erinnerungen sind wir nun wieder in Shanghai. Während der Gatzinger schon wieder arbeiten muss, kann der Junior noch ein paar Ferientage genießen. Er ist auch gleich am nächsten Tag abgedampft zu seinem Freund und wurde erst am darauf folgenden Abend wieder im Hause Gatzinger gesehen. Jetzt liegen bis zu den Sommerferien noch 2 Monate Schule vor uns. Die Zeit ist gefüllt mit einem Geburtstag, einigen Abschieden und mit ganz viel Glück noch mit einem Sommerfest in der Schule.

 

Sommerliche Grüße sendet,

die Gatzingerin