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Hangzhou 杭州

Der Juni hat uns wieder einmal ein langes Wochenende beschert. Es war Dragonboat Festival und das haben wir gemeinsam mit einer befreundeten Familie in Hangzhou verbracht. Der Hauptanlass für uns war der Besuch des Cirque du Soleil vor Ort, aber auch sonst lockt Hangzhou unzählige Touristen aus dem ganzen Land an. Zu den Feiertagen kann es dort unangenehm voll bis hin zu komplett überlaufen werden.

 

Der Besuch des Cirque du Soleil gleich am ersten Abend war super - genial - extrem beeindruckend. Es war kein klassischer Zirkusbesuch, sondern eher eine Mischung aus Akrobatik-Show und Theater. Da haben die chinesischen Künstler wirklich etwas ganz Besonderes auf die Bühne gebracht. Überhaupt sind sie irre gut darin, irgendwelche Zauberwelten und Illusionen zu erschaffen und das meine ich in diesem Fall positiv und ohne Hintergedanken, sondern aus tiefstem Herzen. Allein die Bühne war der Hammer. Ich kann nicht ausschließen, dass wir in unserem verbleibenden Jahr noch eine weitere Show dort ansehen werden. Es ruft nach einer Wiederholung.

 

Direkt nach der Show fing dann DER REGEN an. Und hörte im Grunde für gut 24 h nicht mehr auf. Am späteren Abend hat der Junior ein Fussball-EM-Spiel im Hotelzimmer geschaut und der Gatzinger und ich waren in einer stylischen Bar, die Gottseidank nur 100m neben unserem Hotel lag, und haben uns von dem netten Barkeeper aus Taiwan einen leckeren Cocktail servieren lassen. Am kommenden Tag nach dem Frühstück haben wir einen Versuch unternommen, am alten Kaiserkanal, der im Grunde bis nach Peking führt, entlang zu laufen und einen kleinen Bereich der Altstadt anzusehen, aber selbst mit Regenschirmen und FlipFlpos waren wir nach kurzer Zeit nass und nässer. Der Ausflug war also von kurzer Natur und der Nachmittag wurde im Hotel-Pool verbracht. Abends gab es gutes Essen in einem nicht weit entfernten (wichtig!) Restaurant und als wir es wieder verlassen haben, konnten wir es kaum glauben, aber es war plötzlich trocken. Irgendwann muss auch einmal der heftigste Pflaumen-Regen eine Pause machen. Da der Junior sich aber schon auf einen weiteren Fussballabend mit seinem Freund gefreut hatte, zog ich mit meinem Gatzinger ein weiteres Mal los. Gar nicht weit vom Hotel sind wir eine alte oder auf alt gemachte Altstadtpromenade am Kanal entlang geschlendert. Alles war schön beleuchtet von roten Lampions, Binnenschiffe tuckerten über's Wasser und wir sind noch in eine kleine Spelunke eingekehrt, wo ein paar Westler am Tresen saßen und ebenfalls Fussball schauten. Der Barkeeper war sehr gechillt, fast schon phlegmatisch und die Stimmung sehr entspannt. Ein netter Amerikaner, der seit 7 Jahren in Hangzhou an einer internationalen Schule arbeitet, hat uns ein bisi was zu der winzigen Kneipe und dem Leben in Hangzhou erzählt. Auf jeden Fall war es sehr auffällig, dass die ortsansässigen Ausländer wesentlich besser Chinesisch zu sprechen scheinen als die meisten Ausländer in Shanghai. Wahrscheinlich kommt man dort weniger mit Englisch durch. Ich finde es immer wieder beeindruckend, wenn jemand fließend Chinesisch spricht ohne selbst Chinese zu sein.

 

Auf dem Rückweg zum Hotel wartete noch eine kleine Überraschung auf uns. Eine Horde halbwilder, chinesischer Teenies hatte sich vor dem Eingang zum Hotel versammelt. Sie waren bewaffnet mit Hockern, Leitern, Handys und vielen Kameras. Absperrbänder hielten die Auffahrt frei und die Meute in Schach. Nach kurzer Zeit fuhr ein Auto nach dem anderen vor und jedesmal wenn jemand schick gestylt und super-hip ausstieg, wurde gejubelt, gekreischt, geknipst und gelacht. Ein lustiges Teenie-Spektakel. Wir haben uns am Ende durchgefragt und ein Mädel konnte uns auf englisch erklären, dass es sich um DIE SUPERSTARS DER bekanntesten chinesischen TV-Show handelt, die gerade in der Stadt gedreht wird. Und wir waren dabei.

 

Am letzten Morgen kam die Sonne raus. Es war dampfig. Freiluftsauna. Megahohe Luftfeuchtigkeit und Temperaturen um die 35 Grad. Puh. Also hieß es nach dem Frühstück wieder Pool und dann sind wir mittags ab nach Hause gefahren. Bei aller Liebe zum Entdecken, aber das haben wir auf ein anderes Mal verschoben. Hangzhou ist nur 2 Autostunden entfernt und es wird mit Sicherheit einen zweiten Besuch geben. So waren wir also in Hangzhou und haben die eigentlichen Sehenswürdigkeiten wie den Westsee, die Longjing-Teeplantagen, die Pagoden und Tempel im Grünen zwischen See und Bergen noch nicht mal aus der Ferne gesehen. Nun denn. Manche Dinge müssen einfach warten und vielleicht kommt der passende Zeitpunkt ein anderes Mal. Ich hoffe sehr.

 

Der Sommer in Shanghai. Er ist anspruchsvoll und anstrengend. Nicht zu vergleichen mit den lauen Sommertagen in Deutschland, wenn man gerne mit dem Radl zum See fährt. Das hatte ich schon fast wieder vergessen.

 

Ich wünsche euch also einen extra-schönen Sommer in Deutschland. Genießt ihn! Ich freu mich derweil einfach schon mal auf Mitte September...

 

Herzlichst, die Gatzingerin