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Stadtstrand statt Stadtrand

Wir waren alle ein wenig gefrustet, nachdem wir unseren Urlaub am Meer absagen mussten. Der Junior und sein Freund besonders. Die Jungs hatten sich so sehr auf die gemeinsamen Tage am Strand gefreut. Ein Plan B musste also her. Da von der Schule bereits die Nachricht kam, dass alle Schüler und Mitarbeiter möglichst 14 Tage in Shanghai sein sollten, bevor sie das Schulgelände betreten, blieb nur der Stadtstrand als Alternative. Eine wirklich gute Alternative, die wir schon im vergangenen Jahr genutzt hatten.

 

So quartierten wir uns gemeinsam mit Freunden für 3 Nächte im W am Nordbund ein. Der Wettergott war gut gelaunt und bescherte uns für genau diese 4 Tage viel Sonne, ein paar Wolken und einen lauen, angenehmen Wind. Es war nach der vorherigen, komplett verregneten Woche eine echte Wohltat, endlich wieder in einen blauen Himmel zu schauen. Hier in Shanghai läuft man nämlich im Sommer wesentlich eher Gefahr an Vitamin-D Mangel zu leiden als im Winter. Entweder es regnet oder es schüttet oder aber, es ist so heiß und drückend, dass man sich feiwillig im Haus aufhält oder nur abends raus geht.

 

Urlaub in der eigenen Stadt? Das geht tatsächlich ziemlich gut. Wir hatten alle das Gefühl raus aus dem Alltag zu sein. Das leckere Frühstücksbuffet, der Pool und der permanente und immer noch faszinierende Blick auf die Skyline und den Bund machten es leicht, die Tage entspannt zu genießen. Die Kids waren gefühlt den ganzen Tag im Pool. Den Junior kannte ich nur noch mit nassen Haaren, aufgeweichten Fingern und vom Chlor leicht geröteten Augen, aber glücklich!

 

Wir haben uns in aller Herrgotts-Frühe auf den Weg zum Bund gemacht und den Sonnenaufgang über den Türmen angeschaut. Es war erstaunlich wieviele Menschen, hauptsächlich Rentner zu der Zeit dort unterwegs waren und ihren Hobbys nachgegangen sind: fotografieren, Drachen steigen lassen, Sport und das alles meist in Gemeinschaft. Herrlich wie sie dort zusammenstanden und mit ihren Kameras gefachsimpelt haben, ihre teils selbstgebauten Drachen steigen ließen und sich fleißig bewegt haben. Chinesen trifft man wirklich selten alleine. Sie lieben die Gruppe, die Gesellschaft anderer, die Gemeinsamschaft. Ein aus ihrer Sicht "zu laut" oder "zu viel Trubel" scheint es nicht zu geben. Faszinierend zu beobachten und doch für mich persönlich vollkommen unvorstellbar.

 

Die Abende haben wir die Skyline von Pudong aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln bewundert, sind am Nordbund spazieren gewesen und haben uns über den bunt beleuchteten Suzhou Creek gefreut. Abends funkelt gefühlt die ganze Stadt für ein paar Stunden und  ich bin froh, dass um Punkt 23 Uhr alle Lichter erlöschen, denn sonst würde ich wahrscheinlich nur schwer ins Bett finden. Ich weiß jetzt schon, dass ich den Blick auf die funkelnde Skyline vermissen werde, wenn es für uns im kommenden Jahr zurück nach Deutschland geht.

 

Jetzt liegen noch 4 letzte Ferientage vor uns. Der Junior verspürt derzeit keinerlei Lust auf Schule und frühes Aufstehen. Aber danach fragt ja keiner. Ich freue mich nach den 7 vogelfreien Wochen schon wieder auf etwas mehr Alltag und Struktur und denke, das wird uns allen gut tun. Vor uns liegt das dritte und letzte Schuljahr in Shanghai. Auf geht's.

 

Ich sende liebe Grüße aus Fernost,

die Gatzingerin